Mehr als nur eine Funktion: Was Lehrer*innen in Zukunft lehren werden
Der Lehrerberuf verändert sich – und das rasant. Künstliche Intelligenz schreibt Texte, korrigiert Aufgaben und unterstützt sogar beim Lernen.
Der Lehrerberuf verändert sich – und das rasant. Künstliche Intelligenz schreibt Texte, korrigiert Aufgaben und unterstützt sogar beim Lernen.
Bildungssysteme weltweit überdenken ihre traditionellen Formate: In manchen Ländern lernen Kinder im Metaversum, in anderen mit digitalen Tutor*innen. Doch eines bleibt konstant - der Mensch braucht den Menschen.
Inmitten all dieser Veränderungen wird die Lehrkraft nicht mehr nur als "die Wissende" wahrgenommen. Sie ist vielmehr jemand, der hilft, Komplexes zu verstehen, unterstützt, Orientierung gibt und Halt bietet. Internationale Trends zeigen: Die Zukunft der Bildung dreht sich nicht nur um KI, sondern vor allem um den Menschen. Welche Rolle wird eine Lehrperson in einer Welt spielen, in der Kinder mit ChatGPT und YouTube aufgewachsen sind? Schauen wir genauer hin.
Die Automatisierung alltäglicher Aufgaben - etwa das Korrigieren von Arbeiten, das Erstellen individueller Lernpläne oder das Vermitteln von Basiswissen - verändert bereits heute den Alltag von Lehrkräften. In australischen Schulen analysiert zum Beispiel der Chatbot EdChat die schriftlichen Arbeiten von Schüler*innen, erkennt sofort grammatikalische und stilistische Schwächen - und schafft so mehr Raum für individuelle Rückmeldungen durch Lehrkräfte.
Doch der eigentliche Wert der Pädagoginnen liegt nicht in der reinen Wissensvermittlung, sondern in der Förderung von kritischem Denken, Kreativität und emotionaler Intelligenz. Kristen DiCerbo von der Khan Academy betont, dass KI nicht als Ersatz für Lehrerinnen dient, sondern als Werkzeug, das deren Wirkung verstärkt.
In China geht diese Mensch-Maschine-Kooperation noch weiter: Einige Hochschulen experimentieren mit "digitalen Zwillingen" von Dozent*innen - KI-Avatare, die Studierenden rund um die Uhr zur Verfügung stehen, um Inhalte zu wiederholen und Fragen zu beantworten.
In einer Welt, in der Wissen frei verfügbar ist, verschiebt sich die Rolle der Lehrkraft: Sie wird zur Vermittlerin, die Schülerinnen hilft,
sich im Informationsdschungel zurechtzufinden (z. B. Fakten von Desinformation zu unterscheiden),
Soft Skills wie kritisches Denken, Zusammenarbeit und emotionale Intelligenz zu entwickeln,
individuelle Lernwege zu entdecken und zu gestalten.
Konzepte wie "teacher as a mentor" oder "learning coach" betonen diesen Wandel: Lehrpersonen begleiten Schülerinnen auf personalisierten Bildungswegen. In einigen Ländern etabliert sich zudem das Modell des "Reverse Mentorings" - Schülerinnen zeigen ihren Lehrer*innen, wie man mit KI-Tools und digitalen Plattformen arbeitet. So entsteht eine Kultur des gegenseitigen Lernens.
Die Lehrkraft der Zukunft ist also vor allem eine Mentor*in - jemand, der nicht nur Wissen weitergibt, sondern hilft, Kompetenzen für eine dynamische Welt zu entwickeln.
Die Verbreitung künstlicher Intelligenz wirft eine zentrale Frage auf: Wie lässt sich Leistung bewerten, wenn eine KI eine Aufgabe in Sekunden erledigen kann? Lehrkräfte reagieren darauf, indem sie Aufgabenformate überdenken - mit einem stärkeren Fokus auf mündliche Prüfungen, Gruppenprojekte und Forschungen mit Primärquellen.
Gleichzeitig kommen Tools wie Turnitin AI Detection zum Einsatz - doch der Fokus verlagert sich: weg von Kontrolle, hin zur Förderung einer Vertrauenskultur und eines ethischen Umgangs mit Technologie.
Laut Inside Higher Ed haben bereits 18 % der US-Hochschulen offizielle Richtlinien zum Einsatz von KI verabschiedet; weitere 59 % arbeiten derzeit daran. Diese Dokumente sind keine bloße Bürokratie - sie sind der Versuch, neue Spielregeln zu etablieren: fair, verständlich und angemessen für das digitale Zeitalter.
Lehrkräfte spielen dabei eine Schlüsselrolle. KI ist längst keine abstrakte Zukunftsvision mehr - sie ist Teil unseres Alltags und des Bildungsprozesses. Weglaufen hilft nicht; wichtiger ist es, einen bewussten und verantwortungsvollen Umgang damit zu lernen. Es reicht nicht, nur über Risiken und Grenzen von KI zu sprechen - Lehrer*innen müssen auch kritisches Denken, digitale Hygiene und die Fähigkeit fördern, verlässliche Quellen von Fakes zu unterscheiden.
Im digitalen Zeitalter kommt der Persönlichkeit der Lehrkraft besondere Bedeutung zu. Die Generation Alpha (geboren nach 2010) nimmt die Welt durch den Filter von Technologie wahr. Um ihre Autorität zu bewahren, sollten Lehrkräfte:
als digitale Lotsinnen agieren - die Trends besser verstehen als ihre Schülerinnen,
Online- und Offline-Lernen kombinieren und ihre Unterrichtseinheiten als Gamification-gestützte Erlebnisse gestalten,
Mensch bleiben - zuhören, ermutigen und unterstützen, denn selbst die fortschrittlichste KI kann echte Empathie nicht ersetzen.
Lehrpersonen, die diese Qualitäten zeigen, werden zu Inspirationsquellen und Wegbegleiterinnen. Auch soziale Netzwerke spielen eine Rolle: Pädagoginnen mit einer aktiven digitalen Präsenz können so Vertrauen aufbauen - vorausgesetzt, sie wahren dabei ethische Standards und professionelle Grenzen.
Lernen nach Themen
Angesichts tiefgreifender Veränderungen brauchen Lehrkräfte kontinuierliche Unterstützung. Die OECD empfiehlt Mentoring-Programme und Kompetenzentwicklungen, insbesondere im Bereich der Digitalisierung und innovativer Didaktik. Solche Maßnahmen fördern nicht nur die Qualität des Unterrichts, sondern helfen Lehrer*innen auch, sich neuen Anforderungen anzupassen.
In Finnland wurde etwa das Programm Teacher Education Development Programme 2022-2026 ins Leben gerufen, das Lehrkräfte für nachhaltige Bildung qualifiziert und globale Ziele in den Unterricht integriert. In Australien bieten Universitäten Mikrozertifikate für Lehrer*innen an - insbesondere in MINT-Fächern, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und die Digitalisierung aktiv zu gestalten.
So wird sich die Rolle der Lehrkraft bis 2030 grundlegend verändern. Sie ist dann nicht mehr nur ein Beruf, sondern eine Mission - mit fachlicher Expertise, psychologischem Einfühlungsvermögen, Vermittlungskompetenz und einem tiefen Verständnis der digitalen Welt.
Salman Khan, Gründer der Khan Academy, bringt es auf den Punkt:
"Wir stehen an der Schwelle zur vielleicht bedeutendsten positiven Transformation, die der Bildungssektor je erlebt hat - durch den Einsatz von KI."
Die Zukunft der Bildung liegt nicht im Gegensatz von Mensch und Maschine - sondern in ihrer Zusammenarbeit. Lehrerinnen werden die sein, die Schülerinnen helfen, sich in dieser neuen Welt zurechtzufinden - mit kritischem Denken, Empathie und Anpassungsfähigkeit.
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